Frau und Mann auf dem Trottoir
Von weitem schon ist das Paar zu sehen, wie es mitten auf dem Trottoir seitlich vom Supermarkteingang steht. Die Einkaufenden gehen ein und aus, der Bettelnde sitzt zusammengesunken vor seiner Schale; die beiden aber stehen unbeweglich an ihrem Platz und halten sich. Näher gekommen, sind die zuckenden Schultern der noch jungen Frau zu sehen. Sie hält den Hals des Mannes umschlungen, ihr Gesicht lehnt an seiner Brust. Er schaut mit offenen Augen die Straße hinauf. Sie weint, wimmert, schluchzt und heult abwechselnd ohne Unterlass. Ihr blasses Sommerkleid klebt am leicht aufgeschwemmten Körper. Frauen und Männer mit Einkaufstaschen schlagen einen Bogen um das Paar. In Fahrtrichtung parkt eine schwarze Limousine. Aus dem hinteren Fenster beobachtet ein bereits großes, hübsches Mädchen die beiden. Erst als eine Passantin sie erstaunt anschaut, zieht sie sich zurück. Tagelang und unablässig schwirren Geschichten und Verdächtigungen über diese Frau im Kopf. Einmal so stehen und hemmungslos das ganze Elend hinausweinen können, am Hals eines fremden Mannes - und dann weiter gehen.
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