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Wie sich eine Partei konsequent um die Macht bringt.

Soll man verzweifeln oder einen Wutausbruch bekommen? Die Rede ist von den Grünen. Sie entwickeln auf allen Ebenen ein unübertroffenes Talent, sich selber aus dem Spiel zu nehmen.

Als langjähriger politisch aktiver Grüner bin ich vor knapp zwei Jahren der Partei ausgetreten. Letzter Anlass war das unsägliche Verhalten der Grünen in der hessischen Landesregierung zum Thema Waldrodungen für die A49. Schon vor ihrer ersten Legislaturperiode habe ich gewarnt: Geht lieber mit Anstand in die Opposition! Nein, man musste mit den Schwarzen ins Bett gehen.

Andere Knackpunkte, aus denen nichts gelernt wurde: Fünf Mark für einen Liter Benzin, Veggiday, Plagiate, Verbot von Eigenheimen, versemmelter Zulassungsantrag der Saar-Grünen, und dann der in der Sache durchaus richtige Vorschlag eines Klimaministeriums! Jeder, der sich halbwegs mit den Mechanismen der öffentlichen Wahrnehmung auskennt - und dazu sollten Politiker und deren PR-Agenturen eigentlich gehören - der sollte wissen, dass ein Wort wie „Vetorecht“ dem politischen Gegner eine Brechstange in die Hand gibt. Hier, wie in den meisten anderen der geschilderten Fälle, ist eine plausible Erklärung durchaus möglich. Aber wird die von den Medien geliefert? Ist die überhaupt gewollt? Nein.


Eines der Grundübel der Grünen Weltanschauung ist eine zu einem Eckpfeiler zementierte Errungenschaft der 68er. Das Frauenstatut. An Absurdität kaum zu überbieten: Platz eins gebührt immer einer Frau, es sei denn, es lässt sich absolut keine auftreiben, die willens ist, den Job zu machen. Die Frage der Qualifikation ist dabei zweitrangig! Bei Rednerlisten muss immer abgewechselt werden. Und wenn alle Frauen geredet haben, ist Schluss. Möglicherweise wertvolle (männliche) Beiträge fallen unter den Tisch. So ganz langsam setzt sich auch bei den Grünen die Erkenntnis durch, dass dies eine klare Diskriminierung der Männer ist. Wohlgemerkt: die Regelung ist in bester Absicht entstanden, aber sie hat lediglich die Benachteiligung auf das andere Geschlecht verlagert. Durch Formalismus wird hier ein evolutionärer Wettstreit der Ideen blockiert.

Ein vollkommen unnötiger Nebenkriegsschauplatz ist das Gendern und die politische Korrektheit dessen, was man noch sagen darf. Hier stürzen sich Grüne mit großem Eifer in zeitraubende interne Dispute und übersehen dabei leider das Ausmaß an Lächerlichkeit, das sie bieten. Siebzig Prozent der Deutschen halten die ganze Diskussion für Quatsch. Und selbst wenn man zugestehen will, dass wir beim Thema Rassismus, Gleichberechtigung, Fremdenfeindlichkeit etc. erheblichen Nachholbedarf haben, so stellt sich doch die Frage, ob man diese Dinge nicht besser nach gewonnener Wahl auf die Tagesordnung setzt. Denn die Lebenserfahrung lehrt, dass sich Sprache und Sprachgebrauch an die veränderte Wirklichkeit anpassen und nicht umgekehrt. Ebenso lehrt die Lebenserfahrung, dass bestimmte „verbotene“ Wörter überwiegend in Kreisen gebräuchlich sind, die von der Diskussion darüber gar nichts mitbekommen und die das auch nicht interessiert. Stichwort Bildungsferne.

Zurück zur Politik: Es darf bezweifelt werden, ob der (un-)heimliche Wunsch der Berliner Grünen-Spitze nach einer schwarz-grünen Koalition wirklich mehrheitsfähig ist. Das Murren der Grünen Basis ist unüberhörbar. Und es ist keine gute Idee, die zahlenmäßig starke Gruppe der Alten Männer und Frauen (!) einfach zu ignorieren. Dies gilt für Mitglieder wie Sympathisanten gleichermaßen. Am Wahlabend wird sich zeigen, wieviele der Alten dann doch eher eine rote Partei gewählt haben, und sei es aus Mitleid!

Der taktische Ansatz, im Wahlkampf auf starke Persönlichkeiten zu setzen, war richtig. Auch wenn die Verantwortlichen das vehement abstreiten und auf ihre programmatischen Inhalte verweisen. Auf die Plakate gehören Menschen und keine Manifeste! Denn Wahlen werden von Persönlichkeiten gewonnen, nicht von Programmen.

Dank Frauenstatut hat sich Baerbock durchgesetzt. Das ist erstmal ok, auch „Kohls Mädchen“ hat mal klein angefangen. Ich bin sicher, sie kann Kanzler (selbst im generischen Maskulinum!). Aber sie wird es nicht. Erstens weil nicht mal ihre Partei zu 100 % überzeugt hinter ihr steht und zweitens weil bisher zu viele Steilvorlagen für die Konkurrenz geliefert wurden.

Die Grenze zwischen taktischer Klugheit und Populismus ist zugegebenermaßen fließend. Aber wer naiv mit bester Absicht Aussagen raushaut, die dem Gegner wohlfeile Munition liefern, der handelt nicht klug. Es gibt bei den derzeitigen Grünen MdBs etliche, die durch große Kompetenz und überzeugendes Auftreten sicher für Regierungsämter geeignet sind. Leider sind die gegenwärtig nur in der zweiten Reihe präsent. Sie hätten es verdient, an die Macht zu kommen. Ihnen gilt mein Mitgefühl. Und auch unserem Land, denn es hätte besseres nötig und besseres verdient als die kommenden Koalitionsquerelen.

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