Documenta 14: Pressekonferenz, Mittwoch
Mega-Events sind natürlich einer „Gesellschaft des Spektakels“ (Guy Debord) völlig angemessen, weshalb ich sie so gut es geht meide. Ebenfalls angemessen ist dann eine „Eröffnungskonferenz“ mit 13 Reden und 1 Musikstück. (Dies war nun keine umrahmende Klassik wie üblich: Ausschnitte aus dem Stück Quatrain nach Passagen der „Todesfuge“ von Paul Celan, vorgetragen von dem aus Syrien geflüchteten Geiger Aly Moraly.) Zweieinhalb Stunden Marathonifizierung, die anschließenden Fragen an die Eröffner noch nicht gerechnet. Die in Australien lebende Koreanerin neben mir murmelt: torture. Interessant für mich der Test, was man unter angeblich mehr als 2000 Wort- und Bildgebern, von denen man niemanden persönlich kennt, so wahrnimmt.
Man hat zu unterscheiden zwei Gruppen: „Funktionsträger“ (allein 6) und inhaltlich Beteiligte (Kuratoren etc.) Bei den Funktionsträgern weiß man natürlich schon, was kommt: Hochbelobigung der Bedeutung für Stadt-Land-Welt; Hochbelobigung der Rolle der Kunst überhaupt, Hochbelobigung der Sponsoren, Beiträger, Institutionen; Mitarbeiter. Leiter Adam Szymczyk lässt seiner kurzen Ansprache am Ende eine lange Liste seiner nicht so prominent hervorgehobenen Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen folgen. Eine Zwischenrolle spielt die Schauspielerin und griechische Ministerin für Kultur und Sport, Lydia Koniordou. Sie weiß auch als Funktionsträgerin eine Rede zu halten: erholsam. Auch die kurze, frei gehaltene Ansprache von Hortensia Völckers (Künstlerische Direktorin der Kulturstiftung des Bundes) vermochte dieses.
Man hat zu unterscheiden zwei Gruppen: „Funktionsträger“ (allein 6) und inhaltlich Beteiligte (Kuratoren etc.) Bei den Funktionsträgern weiß man natürlich schon, was kommt: Hochbelobigung der Bedeutung für Stadt-Land-Welt; Hochbelobigung der Rolle der Kunst überhaupt, Hochbelobigung der Sponsoren, Beiträger, Institutionen; Mitarbeiter. Leiter Adam Szymczyk lässt seiner kurzen Ansprache am Ende eine lange Liste seiner nicht so prominent hervorgehobenen Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen folgen. Eine Zwischenrolle spielt die Schauspielerin und griechische Ministerin für Kultur und Sport, Lydia Koniordou. Sie weiß auch als Funktionsträgerin eine Rede zu halten: erholsam. Auch die kurze, frei gehaltene Ansprache von Hortensia Völckers (Künstlerische Direktorin der Kulturstiftung des Bundes) vermochte dieses.
Um der Aufbauschung der HNA zu entgehen, entnimmt man den Ablauf der Veranstaltung und ihre Essenz am besten einer Profi-Zusammenfassung – hier von dpa, übernommen beispielsweise von der Badischen Zeitung.
Dieselbe war prompt gemeldet um 15:07, ein Weniges nach dem Aufbruchs-Getümmel der meisten (13:45) und der Frage-Antwort-Runde zwischen Podium und den unerbittlichen Wenigen.
Nun zu interessanten Einzelheiten der verschiedenen Kuratoren, die dpa nicht weitergeben kann, außer einer Kurzfassung des „Curator at Large“, Bonaventure Soh Bejeng Ndikung: „Wir leben in einem Zeitalter der Unsicherheit“. „Unsicherheit führe oft zu mehr Gewalt. Er forderte Künstler in einer eindringlichen Rede auf, ‚aufsässig‘ zu sein. Denn: ‚Angst und Unsicherheit waren schon immer die Grundelemente der modernen Rassengrammatik‘.“ Der Kurator „Öffentliche Programme“, Paul B. Preciado verblüffte mich, indem er über Flüchtlinge und Exklusion zur transgender-Problematik kam und von einem Aufstand der Randgruppen sprach. dpa: "Diese Ausstellung könnte beschrieben werden als eine Rebellion auf dem Museumsbauernhof" (analog Orwell). Dieter Roelstraete wiederum verblüffte mit einer Erinnerung an die Oktoberrevolution; dazu hatte er passend ein rotes Hemd angezogen; passen sollte dazu auch ein Kurs durch die griechische Kulturerbschaft bis hin zu ihrer Feier im deutschen Idealismus. Erfreut hat mich der Hinweis des lila gewandeten Hendrik Folkerts auf die „Spaziergangswissenschaft“ (oder auch „Strollology“) von Annemarie und Lucius Burckhardt. (Eine kleiner Beitrag dazu im „Peppermint“.) Das hier vor Jahren und vor Ort Praktizierte möge man doch noch einmal z.B. in der Nordstadt versuchen und „Straßen als Denkmäler“ beachten. Summarisch noch die beiden verbleibenden Kuratorinnen Candice Hopkins und Natasha Ginwala: Dafür hat mein Verständnis leider nicht ausgereicht.
Der Chef machte es am Schluss kurz, denn sein Konzept hat er gewiss im Vorfeld schon hundertmal erläutert. dpa in Sentenzen: „Wir glauben, dass wir das, was wir zu wissen scheinen, entlernen müssen“. „Lernen muss das Arbeitsprinzip der documenta sein.“ Keine Interpretationen oder wortreichen Kommentare. (Klingt wie against interpretation, aber was wird in den Führungen geschehen?) „Die große Lektion hier ist, dass es keine Lektion gibt.“
Na dann: Auf gute Zusammenarbeit zwischen Blick, Seele und Wort oder Schweigen…
Dieselbe war prompt gemeldet um 15:07, ein Weniges nach dem Aufbruchs-Getümmel der meisten (13:45) und der Frage-Antwort-Runde zwischen Podium und den unerbittlichen Wenigen.
Nun zu interessanten Einzelheiten der verschiedenen Kuratoren, die dpa nicht weitergeben kann, außer einer Kurzfassung des „Curator at Large“, Bonaventure Soh Bejeng Ndikung: „Wir leben in einem Zeitalter der Unsicherheit“. „Unsicherheit führe oft zu mehr Gewalt. Er forderte Künstler in einer eindringlichen Rede auf, ‚aufsässig‘ zu sein. Denn: ‚Angst und Unsicherheit waren schon immer die Grundelemente der modernen Rassengrammatik‘.“ Der Kurator „Öffentliche Programme“, Paul B. Preciado verblüffte mich, indem er über Flüchtlinge und Exklusion zur transgender-Problematik kam und von einem Aufstand der Randgruppen sprach. dpa: "Diese Ausstellung könnte beschrieben werden als eine Rebellion auf dem Museumsbauernhof" (analog Orwell). Dieter Roelstraete wiederum verblüffte mit einer Erinnerung an die Oktoberrevolution; dazu hatte er passend ein rotes Hemd angezogen; passen sollte dazu auch ein Kurs durch die griechische Kulturerbschaft bis hin zu ihrer Feier im deutschen Idealismus. Erfreut hat mich der Hinweis des lila gewandeten Hendrik Folkerts auf die „Spaziergangswissenschaft“ (oder auch „Strollology“) von Annemarie und Lucius Burckhardt. (Eine kleiner Beitrag dazu im „Peppermint“.) Das hier vor Jahren und vor Ort Praktizierte möge man doch noch einmal z.B. in der Nordstadt versuchen und „Straßen als Denkmäler“ beachten. Summarisch noch die beiden verbleibenden Kuratorinnen Candice Hopkins und Natasha Ginwala: Dafür hat mein Verständnis leider nicht ausgereicht.
Der Chef machte es am Schluss kurz, denn sein Konzept hat er gewiss im Vorfeld schon hundertmal erläutert. dpa in Sentenzen: „Wir glauben, dass wir das, was wir zu wissen scheinen, entlernen müssen“. „Lernen muss das Arbeitsprinzip der documenta sein.“ Keine Interpretationen oder wortreichen Kommentare. (Klingt wie against interpretation, aber was wird in den Führungen geschehen?) „Die große Lektion hier ist, dass es keine Lektion gibt.“
Na dann: Auf gute Zusammenarbeit zwischen Blick, Seele und Wort oder Schweigen…
Kommentare
Ansicht der Kommentare: Linear | Verschachtelt
Marlis am :
klaus baum am :
Im übrigen halte ich das Desiderat vom documenta-Leiter, man soll alles, was man gelernt hat, vergessen, für falsch (mein ehemaliger Deutschlehrer droht schon von Ferne mit der Peitsche). Im Zeitalter der großen Begriffs-Verwirrung wird mit Szymczyks Vergessenslogik der Unübersichtlichkeit noch einiges hinzugegeben. Nicht verdrängen sollte man, was man weiß, sondern sich dessen im Modus der Selbstreflexion bewußt werden,, worauf man bezieht, was man sieht, und man sollte die frames of references im eigenen Kopf sich vergegenwärtigen, sie - wenn nötig - korrigieren und wissen, dass es noch eine andere Sicht auf die Dinge gibt, als die momentan eigene.
MR am :
Szymczyk's Warnung vor Überenterpretation ist OK, als Attitüde aber in der Tat schwach. Man kommt ja mit allerlei Gepäck. Ich trainiere allerdings in meiner Romanreportage über das "Buch Goldmann" von Bachmann eine Art "Urteilsenthaltung" und mache mich dann erst an Sekundärangaben: das ist gar nicht so einfach, wie man noch sehen wird.
klaus baum am :
klaus baum am :
Ein Beispiel wäre: Da verhängt ein Künstler zwei Gebäude mit Säcken, und die, die stets maulen und nörgeln müssen, sagen: "Christo!" Und schon sind die alten Säcke von den alten Säcken abgewertet.
klaus baum am :
MR am :