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12.01.2018 Uli Beckerhoff Quartett

70. Birthday Tour / 50-jähriges Bühnenjubiläum
20:30 Uhr | Eintritt 15,- Euro | Abendkasse 18,- Euro

Uli Beckerhoff – tp / flh
Richard Brenner – piano
Moritz Götzen – bass
Niklas Walter – drums

Als dieser Mann noch ein sehr junger war, gewann er zwei Jahre hintereinander beim internationalen Jazz Jamboree in Osnabrück den ersten Preis als bester Trompeter. Hört sich cooler an, als es ja vielleicht war. Denn hier ist die Rede von den Jahren 1966 und 1967, der Zeit also zwischen Beatlemania und Woodstock, zu welcher sich Ulrich „Uli“ Beckerhoff, selbst geboren am 6. 12. 1947, nicht nur der Trompete, sondern mit ihr auch gleich noch dem Jazz verschrieben hatte. Mit 19 Jahren. Das konnte notfalls mutig, durfte aber durchaus auch bizarr und eventuell eine krasse Fehlentscheidung genannt werden. So wie gut zehn Jahre später bei Unterprimanern, die sich in der Computer-AG ihres Gymnasiums angemeldet und somit als Nerds geoutet hatten.

Beckerhoff steht es zum Glück fern, sich dafür rechtfertigen zu wollen. „Ich bin in einer Familie großgeworden, wo meine Eltern Klassik hörten, meine Schwester Pop und mein älterer Bruder Jazz. Es gab also alles im Haus, ich musste mich nicht der Mode anschließen und der Flower Power huldigen, sondern durfte vom Jazz mehr fasziniert sein, ohne mich damit ins Abseits zu befördern.“ Jener Jazz allerdings, den er damals hörte, lag fern dessen, was Uli Beckerhoff seit Jahren und bis heute selber spielt. Was einst mit Bigband-Jazz von Duke Ellington, Count Basie, Benny Goodman und anfangs auch noch Louis Armstrong begann, stieß eines schönen Tages auf Hardbop und Bebop. „Miles Davis’ ’Kind Of Blue’ war nicht nur ein entscheidendes Album des Jazz, sondern auch ein solches für mich“, sagt Beckerhoff. „Das war eine Zeit des Umbruchs, alle waren hoch politisiert. 1970 brachte Miles mit ’Bitches Brew’ die nächste Sensation heraus. Und überhaupt lebten damals noch all die Superstars, das sollte man auch nicht vergessen. Aber die Verbrüderung von Jazz und Rock, als deren Speerspitze Soft Machine fungierte, hat gehörigen Einfluss gehabt.“

Am Nikolaustag dieses Jahres wird Uli Beckerhoff nicht nur seinen 70. Geburtstag, sondern auch das 50jährige Bühnenjubiläum feiern und mit einer Band auf Tournee sein, deren Mitglieder nicht auch nur annähernd seine Lebenserfahrung, wohl aber seinen Enthusiasmus teilen. Grund genug, sich einmal genauer anzusehen, wofür sein Name denn überhaupt steht, wenn er denn schon einer der „necessarily to be dropped“ im europäischen Jazz ist.

Beckerhoff zählt zu jenen Musikern, über die gern Sätze wie „er hat mit beinahe allen gespielt“ verbreitet werden. In seinem Fall waren das, als kleine Auswahl, Volker Kriegel und Matthias Nadolny, Jasper van’t Hof und John Taylor, Glauco Venier, Adam Nussbaum, Jon Christensen, John Abercrombie, Norma Winstone, Albert Mangelsdorff oder Marilyn Mazur. Aber Beckerhoff blieb in all diesen Kollaborationen stets Beckerhoff, der Mann mit dem ganz ihm eigenen, unverwechselbaren Sound an der Trompete. Stets ein bisschen am Mainstream vorbei geblasen, immer irgendwie auffallend, ohne dass man wirklich wusste, was die Spezialität seines Spiels denn nun ganz genau war. Für eine ganz bewusste Offenheit aber stand Beckerhoff immer.

„Die Mehrheit der Musiker“, sagt Uli Beckerhoff, „lebt und liebt die Offenheit:“ Manchmal vielleicht noch mehr als ihre Hörer. „Das ist allerdings auch ein sehr deutsches Phänomen“, bei der German Jazz Expo der JazzAhead, als deren künstlerischer Leiter er seit Jahren fungiert, sehe man das sehr deutlich. „Im Gegensatz zu den Beiträgen aus Europa und den USA geht es da sehr intellektuell, um nicht zu sagen kopflastig zu. Das ist natürlich grob geurteilt und hat zahlreiche Ausnahmen. Aber so verschließt sich der Jazz halt einem jüngeren Publikum, zumal hier auch der Humor im Jazz weniger angesagt ist als etwa in Holland, Österreich oder der Schweiz.“

Wie aber lässt sich Humor in Musik umsetzen, die keine eigenen Worte hat? „Ach, das finde ich sehr einfach!“, behauptet Beckerhoff und liefert gleich stichhaltige Belege. „Das funktioniert wie mit den Gewürzen in einem Menü, mit denen Sie jeden Gang in eine andere Richtung bringen. In der Musik gibt es bestimmte Zutaten, die Humor und Ironie ausdrücken.“ Er etwa spiele schon lange ein Stück namens „Tango Tragico“, das sofort Bilder im Kopf erzeuge „und humorig wird, sobald man diese Bilder bricht. Und ich freue mich, ehrlich gesagt, ja immer, wenn die Leute im Saal auch mal freundlich gucken oder womöglich sogar lachen.“ Seine Eltern hätten ihn schon mit fünf Jahren nach Italien verschleppt, „wo ich immer noch gerne bin und spiele, und dort gehört Musik zum Alltagsleben dazu. In Neapel kriegen Sie wahrscheinlich keinen Taxischein, wenn Sie nicht alle Verdi-Arien beherrschen.“ Ihm gehe es einfach darum: „Musik ist nicht nur dann erhaben, wenn alle betroffen gucken. Es ist einfach nicht gut, wenn man Musikern nicht ansieht, dass ihnen ihr eigenes Tun womöglich zumindest manchmal auch Spaß bringt.“

Dabei soll nicht verschwiegen werden, dass auch Uli Beckerhoff mitunter Toleranzgrenzen seiner Zuhörer auslotet oder drastisch überschreitet. Weshalb er Menschen durchaus verstehen kann, die den Jazz schlicht als anstrengend empfinden. „Ja klar“, sagt er, „es kommt immer darauf an, wo man gerade hineingerät. Natürlich eröffnet ein lupenreines Freejazz-Konzert dem Hörer nicht allzu viele Zugänge.“ Das gilt für seine Musik nur bedingt, denn Beckerhoff zählt nicht zu jenen Musikern, die gern mit technischem Vermögen wuchern. Er relativiert hier gern und sagt: „Mal verglichen mit der Sprache: Solange ich ein beschränktes Vokabular zur Verfügung habe und die Grammatik nicht beherrsche, kann ich viele Dinge nicht ausdrücken. So ist das auch mit der instrumentalen Technik. Wenn die aber nicht mehr dafür benutzt wird, um Emotionalität in der Musik auszudrücken, dann ist das Ergebnis leeres Geschwätz. Technik um der Technik willen zu demonstrieren geht Vielen einfach auf den Zeiger. Mir auch.“

Ein Freund, sagt Uli Beckerhoff, habe ihm mal gesagt, „wenn keiner singt, es schlecht klingt und ganz viele Töne hat, dann muss es Jazz sein.“ Das Beispiel Uli Beckerhoff indes beweist auch dies: Es kann durchaus Jazz sein, wenn diese Beschreibung überhaupt nicht zutrifft.

Online-Tickets unter: https://22097.reservix.de/events

Theaterstübchen
Jordanstraße 11
34117 Kassel
Email: markus@theaterstuebchen.de
www.theaterstuebchen.de

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